Vertragsrecht

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Kein Rücktrittsrecht bei geringem Mangel an Luxus-Kfz

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29.6.2011 eine Entscheidung zum Ausschluss des Rechts zum Rücktritt vom Kaufvertrag bei Unerheblichkeit eines Sachmangels getroffen.

Folgender Sachverhalt lag den Richtern des BGH zur Entscheidung vor: Der Kläger kaufte Mitte 2006 von einem Händler ein Wohnmobil zum Preis von ca. 134.000 €, welches nach Übergabe vier Mal in der Werkstatt des Händlers nachgebessert werden musste. Nach dem letzten Werkstattaufenthalt erklärte der Käufer im Juni 2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Kosten zur Beseitigung der noch vorliegenden Mängel lagen bei knapp 1 % des Kaufpreises. Der BGH hatte nun zu entscheiden, ob das Rücktrittsrecht wegen Unerheblichkeit des Sachmangels ausgeschlossen ist.

Mit seinem Urteil hat der BGH seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Sachmängel, deren Beseitigung Aufwendungen von lediglich knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, als unerheblich einzustufen sind und daher einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigen. Dies gilt auch für ein Fahrzeug der "Luxusklasse". Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist. Unerheblich ist ferner, dass der Kaufgegenstand vor der Erklärung des Rücktritts bereits mehrfach nachgebessert wurde. Die Erheblichkeit eines bestehenden Mangels hat nichts damit zu tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt hat.

Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs beim Erwerb eines gebrauchten Firmen-Pkw

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH gehört und damit, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, unter die Bestimmungen zum Verbrauchsgüterkauf fällt. Es ist nicht erforderlich, dass der Geschäftszweck der Handelsgesellschaft auf den Verkauf von Gegenständen gerichtet ist.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2006 kaufte ein Autofahrer von einer im Bereich der Drucktechnik tätigen GmbH, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung, einen gebrauchten Pkw zum Preis von 7.540 €. Nach Übergabe und Bezahlung des Fahrzeugs erklärte der Käufer mit Anwaltsschreiben im Januar 2007 die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, die GmbH habe ein Klappergeräusch im Motorbereich verschwiegen. Das Unternehmen erwiderte, das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab. Ein Gewährleistungsausschluss ist dem Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag jedoch verwehrt.

Der Käufer hatte trotzdem das Nachsehen, da er der GmbH keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte.

Verkäufer trägt bei Ersatzlieferung die Ein- und Ausbaukosten

Im Fall einer Ersatzlieferung für ein mangelhaftes Verbrauchsgut muss der Verkäufer das Gut aus der Sache ausbauen, in die es vom Verbraucher gutgläubig eingebaut wurde, und die als Ersatz gelieferte Ware wieder einbauen oder die für diese Vorgänge notwendigen Kosten tragen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei Urteilen vom 16.6.2011 entschieden.

Im ersten Fall kauft ein Kunde polierte Bodenfliesen. Nachdem rund 2/3 der Fliesen gelegt waren, stellte er auf der Oberfläche Schattierungen fest, die mit bloßem Auge zu erkennen waren. Ein Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Schattierungen um feine Mikroschleifspuren handle, die nicht beseitigt werden könnten, sodass Abhilfe nur durch einen kompletten Austausch der Fliesen möglich sei.

Im zweiten Fall erwarb eine Kundin über das Internet eine neue Spülmaschine mit der Vereinbarung, dass die Lieferung bis vor die Haustür erfolgen sollte. Die Lieferung der Spülmaschine und die Kaufpreiszahlung erfolgten vereinbarungsgemäß. Nachdem die Spülmaschine montiert war, stellte sich heraus, dass sie einen nicht zu beseitigenden Mangel aufwies, der nicht durch die Montage entstanden sein konnte. Die Parteien einigten sich daher auf den Austausch der Spülmaschine. In diesem Rahmen verlangte die Kundin vom Auftragnehmer, dass er nicht nur die neue Spülmaschine anliefert, sondern auch die mangelhafte Maschine ausbaut und die Ersatzmaschine einbaut, oder dass er die Aus- und Einbaukosten trägt.

Der EuGH kam zu dem Entschluss, dass es in einem Fall, in dem keine der beiden Vertragsparteien schuldhaft gehandelt hat, gerechtfertigt ist, dem Verkäufer die Kosten für den Ausbau des vertragswidrigen Verbrauchsguts und den Einbau der als Ersatz gelieferten Ware aufzuerlegen. Diese Zusatzkosten sind notwendig, um den Austausch vorzunehmen. Sie wären vermieden worden, wenn der Verkäufer von vornherein seine vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hätte. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Übernahme dieser Kosten besteht unabhängig davon, ob der Verkäufer nach dem Kaufvertrag zum Einbau des gelieferten Verbrauchsguts verpflichtet war.